Krise und Kontinent
Nicolas Detering
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Geisteswissenschaften, Kunst, Musik / Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Beschreibung
Diese Arbeit stellt auf breiter Quellengrundlage eine neue These zur Entstehung des neuzeitlichen Europabewusstseins auf, indem sie zum einen der Kommunikationsrevolution des Nachrichtenwesens, zum anderen der Europa-Literatur des Barock eine zentrale Rolle zugesteht. Die neuen Europa-Relationen, Flugschriften, Zeitungen und Serienchroniken schufen um 1600 ein Konzept kontinentaler Zeitgenossenschaft, die Vorstellung namlich, dass raumlich weit gestreute Ereignisse im gemeinsamen Zeit-Raum der europaischen Gegenwart miteinander verknupft sind. Aus diesem Krisenbewusstsein entstehen im Verlauf des 17. Jahrhunderts zahlreiche literarische Europa-Entwurfe, die im Mittelalter und im Humanismus nur vereinzelte Vorlaufer hatten. In Prosaflugschriften, Dramen und Gedichten beklagt die personifizierte Europa ihr Schicksal und unterbreitet Vorschlage zur Befriedung des Kontinents - eine wirksame Form literarischer Gemeinschaftsbildung. Schlielich pragt auch der deutsche Roman von Grimmelshausen bis Schnabel das Europabewusstsein der Zeit, indem er durch exotische Auenperspektiven und utopische Europablicke ein Bewusstsein fur die kulturelle Bedingtheit der politischen Zerwurfnisse schafft: Seit dem 18. Jahrhundert erscheint Europa nicht mehr nur als Raum krisenhafter Gegenwart, sondern als Kontinent gesellschaftlicher Evolution, sein Zustand als naturfern oder fortschrittlich, seine Kultur als Moderne.