Kulturwissenschaftliche Hermeneutik
Roswitha Heinze-Prause, Thomas Heinze
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VS Verlag fur Sozialwissenschaften
Sozialwissenschaften, Recht, Wirtschaft / Sozialwissenschaften allgemein
Beschreibung
Die Hermeneutik wurzelt in den Anfangen abendländischer Geistesgeschichte. Die Botschaften der Götter mußten ausgelegt und in eine fur den Menschen verständliche Sprache übersetzt werden. Unverständliche bzw. schwer ver ständliche Botschaften oder Texte sollten mit Hilfe der Hermeneutik erschlos sen werden, die zu diesem Zweck eigene Methoden und Techniken des Ver stehens entwickelt hat. Schleiermacher entwickelte als erster aus der Analyse des Verstehens systematisch eine allgemeine Hermeneutik: Entsprechend dem Ineinander eines allgemeinen (Sprache) und eines individuellen Faktors (Denken) sind in jeder Rede im Verstehen die beiden Momente grammatischer und psychologischer Interpretation zu unterscheiden. Das Verstehen ist nach Schleiermacher (1977) die Umkehrung des Aktes geistiger Produktion, hat divinatorischen Charakter und zielt auf die Beziehung von Autor und Werk. Es gilt, "die Rede ebenso gut und dann besser zu verstehen als ihr Urheber". Schleiermachers Hermeneutik bedeutet wegen ihrer Begründung des Verstehens auf das Gespräch und die zwischenmenschliche Verständigung schlechthin eine "Tief erlegung der Fundamente" (Gadamer 1974), die zugleich die Errichtung eines auf hermeneutischer Basis begründeten Wissenschaftssystems gestattete. Die Hermeneutik wurde zur Grundlage fur alle historischen Wissenschaften. In der Nachfolge Schleiermachers verdient insbesondere Dilthey (1959) Erwähnung, dessen Überlegungen die Scheidung von Natur- und Geistes-(Kul tur)wissenschaften definierten und zur wissenschaftstheoretischen Begründung der Geisteswissenschaften fuhrten. Die Frage nach den Methoden von Natur und Geistes(Kultur)wissenschaften beantwortet Dilthey mit der zentralen Unterscheidung von Erklären und Verstehen: NaturwissenschaftlicheSachverhalte werden erklärt - geisteswissenschaftliche Sachverhalte können verstanden werden (vgl. Dilthey 1959, Bd. 5).